Als einer der „bevorzugten Bestandskunden“ von Mobilfunkanbieter O2 erhielt ich vor zwei Wochen mein sackteures „offizielles O2-iPhone“ 3GS16 und hatte das zweifelhafte Vergnügen mit der Appelschen Produktpolitik nähere Bekanntschaft zu machen:
Es fing damit an, dass ein simples Einstecken der alten Sim-Karte, Einschalten und telefonieren nicht geht, sondern man sich erst einmal iTunes installieren muss, damit das Gerät überhaupt für den Betrieb „freigeschaltet“ wird.
Leicht irritiert und zähneknirschend installiere ich die gedownloadeten 100 Megs mal auf meinem T60p und tatsächlich: freigeschaltet und Telefon funktioniert. Obwohl ich überhaupt sonst kein iTunes verwende und auch nicht plane das zu tun, scheue ich mich trotzdem, das Proggie wieder zu löschen weil ich fürchte mein iPhone nimmt mir das übel und funkt nicht mehr oder lädt nicht mehr auf oder was auch immer.
So hake ich die Installation dann mal als „notwendiges Übel“ ab und legs zu den Akten.
Wie es der Zufall so will erreicht mich kurze Zeit später eine Kundenanfrage bezüglich der Entwicklung einer iPhone App und ich stelle beim Versuch mich mit dem App-Store zu verbinden fest, dass für eine Registrierung die Angabe der Kreditkartennummer inkl. der dreistelligen Prüfziffer (sic!) notwendig sind. Insgesamt dreimal habe ich die Registrierung abgebrochen, weil ich diese persönlichen und brisanten Daten grundsätzlich nicht an Dritte weitergebe. Schließlich hat die Neugier dann doch gesiegt und da ich auch aus beruflichen Gründen einen Einblick brauchte, habe ich diese Kröte schlussendlich auch geschluckt und die Daten herausgegeben. Damit hat das iTunes Store nun mein Konto fest an den Eiern.
Zwischenergebnis: Ich besitze einerseits ein – ohne Frage – wirklich hervorragendes und in jeder Hinsicht stilprägendes Smartphone, bin andererseits aber ausschließlich an die Produkte und vor allem die Vertriebswege von Apple gebunden, will ich mehr als nur telefonieren.
Als Sahnehäubchen obendrauf dümpeln meine Kreditkartennummer inkl. Prüfziffer irgendwo auf der Welt in einem Rechenzentrum rum. Will ich mal hoffen, dass es dort keine unzufriedenen oder latent kriminellen Mitarbeiter gibt.
Internet 2010: Ohne iTunes kein iPhone-Telefonat – ohne App-Store keine Apps. Alternative oder gar Open-Source-Software für das iPhone: keine, denn Flash als alternative Universalplattform wird vom iPhone nicht unterstützt – dies hat sicher technische Gründe; nehme ich mal an – Hat nämlich der Steve mal gesagt … Adobe meinte zwar sofort, dass das Unsinn wär und sie das Plugin programmmieren täten – aber dann sind se doch zurückgerudert und meinten dass ihnen das zu schwer wär…). alternative Player, Viewer, Filemanager – nixpax!
All das erinnerte mich unwillkürlich an die ewige Diskussion um Microsoft und z. B. auch an den Aufschrei wegen der (untrennbaren) Verknüfung von Windows OS mit Internetbrowser IE, und wie man Microsoft damals mit Pauken und Trompeten vor Gericht gezerrt hatte und all diese „Microsoft-is-Evil“ Geschichten.
Nebensache, was man von der Firma und ihrer Policy hält aber immerhin kann und konnte man immer alle Browser parallel bereiben.
Apple ist eben eine besondere Company. Der enorme Erfolg seit der Einführung von iTunes und iPod und iPhone hat zur Folge, dass andere Unternehmen plötzlich anfangen Apple-Like Produkte zu entwickeln. Plötzlich haben Telefone keine Tasten mehr und mp3-Player kriegen Farbige Displays verpasst. Mein Lieblingsbeispiel für die Innovationsstärke ist aber noch, dass Apple die ersten waren, die „Designed in California“ Fett auf Ihren Kram drucken. Kleiner und weiter hinten-unten liest man dann noch „made in China“ … genial. Neulich ist mir das auf dem Waschzettel einer Stoffpuppe meiner Tochter von Käthe Kruse wieder aufgefallen: „Designed in Germany“ … made in :-).
Da ich nicht nur iPhone Besitzer bin sondern nebenbei auch Zukunftsforschung betreibe hier ein Ausblick auf die Nächsten Jahre der Informations-Industrie:
Wie es began und wie es wird:
1. 2004 war das online Einkaufen noch Hexenwerk und ein Musikalbum rein digital – ohne Plasikcover und Booklet zum Vollpreis zu kaufen war Science-Fiction. Apple findet die Idee, einen Musik-Online Shop zu eröffnen aber gut und schlägt ein wie eine Bombe: heute rd. 80% Marktanteil im Geschäft mit runteladbarer rein-digitaler-Kauf-Musik hat (ja, Leute „Kauf-Musik“: man kann das Zeug auch Kaufen).
Also von „null auf iTunes-Store“ zum Marktführer in dem Segment – musicload? nie drauf gewesen, why?
2. Als mittlerweile zwar saniert aber nicht mehr wirklich eine Computerfirma sondern ein „online Musihandel“ (geht man mal von dem Geschäftszweig aus, der die meiste Kohle bringt) kommen die auf die iDee einen tragbaren „Player“ zu entwickeln – trotz SONY – dem „Walkman“ Erfinder und solchen Audio-Spezialfirmen-Firmen wie Creative, B&O und wie sie alle heissen. Und dann scheren sich einen Dreck um (teils offene) .mp3 und .Ogg Formate sodern bringen das Ding mit ACC – einem Format, was zu dieser Zeit keine Sau unterstützt;: geschweige denn kennt und binden das Gerät auch noch an eine einzige SoftwareApp – nämlich ihr iTunes …
Naja. wie nicht anders zu erwarten: Man wird Marktführer, Der Duden nimmt Wörter wie „Podcast“ in den „… der deutschen Rechtschr…“ auf. Audiohersteller bieten Home-Entertainment an mit ausschießlicher Schnittstelle zu, iPod.
3. Apple besinnt sich sogar nochmal auf „die alten Zeiten“ und nachdem man seine letzte Motorola basierte antikscheisse teuer verkloppt hat, teilt man seinen Kunden (fast wörtlich) freudig mit: „die nächsten Rechnergeneration machen wir mit intel Chips und der ist dann 5x schneller als das Gerät, was Du da gerade gekauft hast … “ und was passiert:
Die Kunden sind begeistert und verschaffen Apple erstmalig Marktanteile im zweistelligen Bereich. Der Absatz von Noteboks ist so immens, dass man als Kunde bei Gravis in Köln weihnachten 08 milde belächelt (dann zum Gehen aufgefordert wird) wird, wenn man sowas fragt wie „6 Wochen Lieferzeit ??…. ach komm, dann nehm ich das Vorführgerät!?!“
4. Irgendwann morgens vor drei Jahren ärgert sich Steve Jobs unheimlich darüber, dass der Münzfernsprecher vor dem er gerade steht nicht nur nicht funktioniert sondern auch den Dime nicht wieder rausrückt … gegen Nachmittag schickt die Designabteilung in California die ersten Blaupausen nach China wo man ein neuartiges Telefon zusammenbastelt, das ob seiner Handhabe und seines Designs unmittelbar nach der Markteinführung, allen Motorolas, Nokias, SONYs und Siemens-ens dieser Erde mal zeigt, wie ein Händy wirklich aussieht und allen Microsofts-Mobile und PalmOS vorführt, wie man einen PDA sinnvoll verwendet, der sich sogar tatsächlich verkaufen kann.
Heute:
Minaturisierung war gestern: Steve Jobs präsentiert die neueste Generation des duften iPhones. "I promise that you'll never forfeit it anymore!"
Steve Jobs präsentiert den iPhone Nachfolger. Antizyklisch gegen den allgegenwärtigen Miniaturisierungswahn präsentiert Jobs „Das erste Mobiltelefon der Welt, was man nicht mehr verbummeln kann. Begeisterung über das neue iPhone auch aus den Reihen des Vatikan: Der Papst begrüße es sehr, dass ab sofort zum Surfen im Netz alle beiden Hände nötig seien und daher der Besuch von Seiten mit pornografischen Inhalten keinen Sinn mehr ergebe, verlautete es derweil aus Rom.
Die ausschließliche Bedienung mit beiden Händen richtet sich gegen die Pornoindustrie im Internet.
Die Zukunft:
5. 2023: Steve Jobs geht es nicht gut. Der Krebs ist wieder da. Stark von der Krankheit gezeichnet übernimmt Jobs nochmals aktiv den CEO Posten und die Firma Apple steckt ungeheure Forschungsgelder in die medizinische Forschung.
Diese Meldung versetzt die Aktien fast aller Pharmaindustrie Unternehmen in freien Fall. Zum ersten Mal in der Geschichte des Aktienhandels gewinnt ein Papier in Stunden das achtzehntausendfache seines Wertes. Der Wert der Firma Apple übersteigt einige Tage später das Bruttosozialprodukt der Europäischen Gemeinschaft, nicht zuletzt auch, da bei dem gescheiterten Versuch einiger europäischer Regierungen die Chemie- und Pharmaindustrie durch Garantiezusagen vor dem Untergang zu bewahren, muss die EU Insolvenz anmelden.
Dann erscheint unerwartet ein sichtlich rundum gesundet und top-fitter Steve Jobs auf der MacWorld in iStanbul und verkündet, dass man in Californien ein Medikament gegen Krebs designed und in China herstellt habe, das wirklich hilft, eine schöne Verpackung hat und sogar als Nebenwirkung noch AIDS heilt. Nicht wenige Besucher weinen vor Glück.
Nach der Mittagspause – es gibt für alle dasselbe Gericht zu .99ct; was allen sehr gut schmeckt – erklärt Jobs er habe im Krankenhaus viel Zeit zum Nachdenken gehabt und es sei an der Zeit, diese Gedanken in einem iBook ins iTunes-Store upzuloaden. Das iBook „iKampf“ ersetzt zudem weltweit die AGB des iTunes Stores alle anderen Arten von den bislang üblichen Disclaimern und erfindet Webformulare mit nicht abwählbaren Checkboxen.
I’ve read and understood iKampf and do fully agree with all within [x]
I’ll subscribe the iKampf-Newsletter until the end of time [x] forever [] now []
2024 verkündet Steve Jobs auf der MacExpo in iTalien den „Relaunch of the Net“ und das „iNational-Strict-Developed-Association-Protocol“ iNSDAP steckt siebzig Milliarden US-Dollar in eine erfolgreiche Imagekampagne „gegen offene Standards und Open Source“.
Im selben Jahr bringt Apple eine eigene Version des als bis dahin bekannten Rechnerverbunds namens „Internet“ auf den Markt und tauft das Produkt „iNet„. Apple führt u.a. in „iNet“ ein sicheres und spamfreies E-Mail Protokoll ein. Da sämtliche Software von nun an ausschließlich über das iTunes-Store geladen werden muss und vor Veröffentlichung auf unternehmes-strategische Zielkompatibilität und Sicherheit geprüft wird, gehören Viren, Trojaner und sonstige Schadsoftware von nun an der Vergangenheit an. Außerdem wird alles insgesamt wesentlich benutzerfreundlicher und stabiler, da Hard- und Software aus einer Hand kommen. iTunes wird zum OS ausgebaut und ist mit dem Codename „iDolph“ die Zentrale Oberfläche für alle Anwendungen.
2026: Der Mobilfunkmarkt konsolidiert sich: Die weltweit geringe Nachfrage an Mobiltelefonen im Niedrigpreissegment führt zum Wegbrechen der Anbieter, die keine Exklusiv-vertäge mit Apple für den Vertrieb des iPhone abgeschlossen hatten. Selbst Pre-paid Kunden wechseln den Anbieter und 2027 telefoniert nur noch rund jeder achtzigste Kunde nicht mit dem iPhone. Marktwert der T-Aktie im Mai: 0.2 Eurocent.
2029: Laut einer Studie des „iNstitus für Weltwirtschaft“ wird in diesem Jahr erstmalig 97,3% des weltweiten ektronischen Zahlungsverkehrs über den iTunes-Store abgewickelt. Das „iNet“ gilt als die größte je von Menschenhand geschaffene Gebilde und verarbeitet 2030 bereits 96,2% des gesamten Datenaufkommens der Erde. Das Ende des klassischen Internets wird für das Jahresende von einem Macintosh vorrausberechnet. Erstmalig in der Geschichte des Nodelpreiskomitees erhält ein Amerikaner gleich drei Nobelpreise auf einmal: den Medizin-, Friedens- und Literatur Nobelpreis geht nach Californien.
2030 verlieren IBM-basierte PCs stark an Bedeutung, da es kaum noch neue Inhalte im klassischen Internet – oder überhaupt brauchbare Software für den iNternetzugriff gibt. Apple schützt den Begriff „Open Source“ weltweit als Markennamen.
Microsoft gibt im November die Quellcodes seiner bis 2012 entwickelten Betriebssysteme der Windows- und Office-Familie im „Bill & Melinda Gates Foundation-Channel“ vom iTunes Store frei, um den „Erhalt der PC Plattform wegen des historischen Wertes“ zu gewährleisten. Diese Maßnahme bleibt jedoch von den iNet-Usern weitestgehend unbemerkt, da diese Nachricht nicht im iTunes-Store auf der Startseite gefeatured wurde und bringt es auf rund 60 Downloads bis zur Jahresmitte.
2031 gerät Google – bis dahin ein gesundes Unternehmen – in finanzielle Schieflage: Die bis zum Ende des klassischen Internet gesammelten Daten über Konsumverhalten und Vorlieben der User etc. hatten bislang noch für gute Umsätze gesorgt, brechen aber ein. Ein Smartphone mit Android OS kostet bei iBay derzeit 2,99.- $.
2032: Die Durchführung der ersten, ausschließlich elektronischen Präsidentenwahl in den USA über den Dienst „mobileMe“ funktionert auf Anhieb ohne nennenswerte Pannen oder Zählfehler und geht als bisher einzige, jemals „Freie und Gleiche“ Demokratische Kandidatenwahl in die Geschichte ein. Gewählt wird der Kandidat aus Californien.